hausgemacht Architekten

  • 3. Preis Einladungswettbewerb: Neubau eines Pfarrheims St. Maria, Landau
2020

Pfarrheim St. Maria

In der Konzeption des neuen Pfarrheims der Pfarrei St. Maria in Landau steht der Aspekt der Eigenständigkeit der Kirche und der sensible Umgang mit der historischen Substanz im Vordergrund. Durch das Abrücken des Baukörpers von der Sakristei entsteht eine Zäsur zwischen den Bauteilen, die diesen Aspekt unterstreicht. Die Anordnung des Saal längs entlang der Straße erzeugt einen Hof zur Kirche, der das Zentrum der Anlage bildet. Hier findet das Gemeindeleben eine Neue Mitte im alltäglichen Betrieb und zu Veranstaltungen an Feiertagen. Die Möglichkeit, den Saal großzügig zu diesem Platz hin zu öffnen schafft ein breites Spektrum an Nutzungsszenarien. Durch die westliche Begrenzung des Saals wird der Zugang von Süden auf das Südportal der Kirche als wichtige Erschließungsachse freigehalten und die Grünanlage mit dem erhaltenswerten Baumbestand bleibt in ihrer Qualität erhalten.

Der dreigeschossige Baukörper, der den flacheren Saal überragt bildet einen räumlichen Abschluß des Kirchhofs, nimmt Bezug auf das Querschiff der Kirche und hält den Blick auf die Rosette von der Straße aus frei. Nach Osten nimmt er die räumliche Kante der Sakristei auf und erzeugt so eine klare Fassung des Pfarrhofs im Osten. Die Baukörperstaffelung des neuen Pfarrheims nimmt einerseits die Körnung der Gründerzeitlichen Villentypologie in der Glacisstraße auf, andererseits präsentiert sich der Saal als eigenständiges Bauteil und lässt den Blick auf die Kirche und die Glasrose im südlichen Querschiff frei.

Saal und Pfarrheim mit Büro erhalten ein einheitliches Fassadenthema in Variation, so dass der Saal transluzent im Süden zur Straße und transparent im Norden zur Kirche in Erscheinung tritt, während der mehrgeschossige Baukörper durch größere geschlossene Flächen solider wirkt. In Anlehnung an die Kirchenarchitektur einerseits, und die Fassadengliederung der gründerzeitlichen Nachbargebäuden andererseits, gliedert sich die Fensterstruktur des Pfarrheims differenziert über die Geschossigkeit.

Der Hauptzugang zum Pfarrheim befindet sich an der Innenecke zur Kirche und wird über den Vorplatz erreicht. Hier betritt man ein großzügig verglastes, zweigeschossiges Foyer, das sich klar zur Kirche und der Fassade des Querschiffs öffnet und diesen Bezug allgegenwärtig erlebbar macht. Das Foyer hat die Rolle des Verteilers im Gebäude. Aus dem Foyer erhält man Zugang zum Saal, der die Möglichkeit der Teilbarkeit mittels flexibler Trennwandsysteme in bis zu drei Teile bietet. Der Saal öffnet sich über eine großzügig verglaste Fassade zum Vorplatz und stellt die Sichtbeziehung zur Kirche her. Bei Veranstaltungen können die verglasten Fassadenelemente geöffnet werden und Saal und Vorplatz gemeinsam bespielt werden.

Die Küche grenzt direkt an Foyer und Saal an und bietet über Ausgabefenster die Möglichkeit, unterschiedliche Veranstaltungsszenarien zu bedienen. Großzügige Lagerräume liegen direkt an Küche und Saal und sind vom Treppenhaus im Osten auf kurzem Wege anlieferbar. Sanitärräume befinden sich im Nord-Osten des Erdgeschosses und sind durch den offenen Garderobenraum dezent in den Hintergrund gerückt.

Im Foyer befindet sich eine offene Treppe, die die Verbindung zu den Räumen des Pfarrheims im 1. Obergeschoss herstellt. Hier wird der zweigeschossige Raum erlebbar und beide Geschosse werden zu einer räumlichen Einheit. Im ersten Obergeschoss befinden sich Gruppen-, Konferenz und Büroräume der Pfarrei, die jeweils durch flexible Trennwandsysteme zusammengeschaltet werden können. So soll eine große Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten geboten werden. Sanitär- und Lagerräume ergänzen das Raumangebot.

Im 2. Obergeschoss befindet sich eine abgeschlossene Mieteinheit, die als Büronutzung vorkonzeptioniert ist. Durch einen weitgehend Stützen freien Grundriss und eine kleinteilige Fassadenstruktur bietet dieses Geschoss ein hohes Maß an Flexibilität im Ausbau. Diese Einheit wird über das Treppenhaus mit Aufzug im Osten erschlossen. Durch die räumliche Trennung vom Kirchhof und den separaten Zugang erhält die Mieteinheit eine eigene Adresse und Identität. Das Treppenhaus dient gleichzeitig als Rettungsweg und zur Anlieferung der Räume der Pfarrei in Erdgeschoss und 1. Obergeschoss.

Die Grundrisse des Pfarrheims bauen auf dem Achsraster der Kirche von ca. 5,60m auf und stellen so einen subtil spürbaren Bezug her. Durch die konsequente Einhaltung dieses Grundrasters vom Erdgeschoss, über die Fassadenstruktur bis in die Obergeschosse kann ein sehr wirtschaftliches Tragsystem realisiert werden, das gleichzeitig eine hohe Flexibilität in den Obergeschossen zulässt.

Dieses Raster bildet auch die Grundlage der Fassadengliederung, die sich von Geschoss zu Geschoss an die Nutzung anpasst und durch diese Deklination Themen der Fassadengestaltung der umgebenden gründerzeitlichen Bebauung aufgreift und neu interpretiert. Im Saal im Erdgeschoss vermitteln raumhohe Fensterelemente eine große Transparenz von innen nach aussen. Alle Fassadensegmente sind im Raster von 2,80m verglast. Im Süden, zur Straße ist diesen Fensterflächen größtenteils ein transluzentes Lochmauerwerk vorgelagert, welches einerseits ein stimmungsvolles Licht im Innenraum erzeugt, andererseits wirkungsvoll vor Überhitzung im Sommer schützt. Im 1. Obergeschoss des Pfarrheims sind die Fenster bei einer geringeren Raumhöhe etwas kleiner und es wechseln offene mit geschlossenen Feldern ab. Im 2. Obergeschoss bildet sich die Büronutzung mit dem größten Anspruch an Flexibilität der Raumbelegung in der Fassadenstruktur ab, das Achsraster halbiert sich auf 1,40m und die Fenster erhalten eine Brüstung. Die Klinkerfassade ist im Bereich des Saals und in Teilbereichen der Obergeschosse als Licht durchlässige Haut ausgebildet, während sie im Hauptbaukörper als dezentes Relief in der ansonsten flächigen Fassade eine andere Ausprägung erfährt. Durch den Einsatz des Lochmauerwerks kann in den oberen Geschossen eine Bandfassade ausgebildet werden, die die gewünschte Flexibilität der Nutzung erlaubt, ohne daß dabei die Büronutzung zu deutlich in Erscheinung tritt.

Der Neubau ist in Massivbauweise mit mineralischer Wärmedämmung und einer vorgehängten Klinkerfassade geplant. Als Fensterstürze bzw. Fensterbänke werden Betonelemente als faserbewehrte, hell eingefärbte Fertigteile vorgesehen. Die Glasfassaden im Bereich des Saals sind als Pfosten-Riegel-Konstruktion mit 3-fach Isolierverglasung geplant. In den Obergeschossen kommen Holz-Alu-Fenster zum Einsatz. Die Geschossdecken sind als Stahlbetondecken in Filigranbauweise ausgeführt. Im Erdgeschoss überspannen Holz-Fachwerke die Breite des Saals. Fassadenstützen aus Ortbeton bilden das Haupttragwerk im Achsraster der Fassade. Innenwände sind als Hochlochziegelmauerwerk ausgeführt. So erhält das Gebäude eine hohe thermische Masse und ein angenehmes Raumklima. Fußbodenheizung sorgt für eine gleichmäßige Temperierung. Die vertikalen Lüftungsklappen in den Fensterelementen erlauben eine effiziente natürliche Belüftung und durch Querlüftung im Sommer die Nachtauskühlung ohne die Gefahr offen stehender Fenster. Durch die Große Speichermasse der Wände und Decken kann so auf eine Klimatisierung verzichtet werden. Fenster mit integriertem Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum verhindern effektiv die Überhitzung im Sommer.

Das Treppenhaus mit Aufzug im Osten des Gebäudes stellt den ersten Rettungsweg aus den Obergeschossen im Brandfall dar. Als zweiter Rettungsweg kann hier die Anleiterung durch die Feuerwehr herangezogen werden.

Die Aussenanlagen werden lediglich im direkten Umfeld des Neubaus überarbeitet. Die denkmalgeschützte Umfassungsmauer wird erhalten. Auch der qualitätvolle Grünraum im Süd-Westen mit dem dominanten Baumbestand bleibt erhalten und wird durch einige Spielgeräte und Sitzgelegenheiten entlang der Zuwege ergänzt. Die Platzfläche zwischen Kirche und Pfarrheim wird gepflastert. Treppen und Sitzstufen schaffen die Verbindung der beiden Ebenen des Vorplatzes und laden zum Verweilen ein. Eine leichte Rampe stellt den barrierefreien Zugang vom Platz zur Kirche her. Durch seitliche, begrünte Böschungen kann hier auf eine Absturzsicherung verzichtet werden. Die Grünfläche vor dem Querschiff bleibt bis an den Sandsteinsockel herangeführt und wahrt respektvoll den Abstand des Neubaus zum Gotteshaus.

Bauherr
Katholische Kirchenstiftung St. Maria
Größe
1160m²
Status
Abgeschlossene Entwurfsplanung
Location
Landau
Team
Max Weber, Sonja Böhr, Stephanie Demberger, Philip Mayfarth
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